Juso-Chef Kevin Kühnert provoziert mit Vergesellschaftungsplänen. Dabei ist er ein gewiefter Spekulant, dem Wirtschaft und Politik bald zu Füßen liegen könnten.
Und wenn doch alles ganz anders kommt? Was ist, wenn der Kapitalismuskritiker Kevin Kühnert letztlich als Gewinner dasteht? Wenn Politiker und Teile der Wirtschaft dem Juso-Vorsitzenden am Ende wie die Lemminge hinterherlaufen und die gesamte deutsche Großindustrie vergesellschaften? Aus heutiger Sicht ist ein solches Szenario für die meisten nicht vorstellbar, je geradezu absurd. Aber viele Deutsche können sich auch nicht vorstellen, was da gerade auf sie zurollt.
Noch wird Kühnert für seine antikapitalistischen Thesen schwer attackiert. Konservative und liberale Politiker empören sich ebenso wie Vertreter der Wirtschaft oder wirtschaftsnahe Sozialdemokraten. Ex-SPD-Chef und Transatlantik-Stratege Sigmar Gabriel schimpft Kühnert gar einen »Bonsai-Trump«, sprich einen Mini-Populisten. Und der »SPD-Rechtsaußen« Johannes Kahrs stellte öffentlich die Frage, was sein Mit-Genosse da wohl geraucht habe. Legal könne es jedenfalls nicht gewesen sein.
Will der nur Schlagzeilen produzieren?
»Das Ahlener Programm der CDU habe ich geraucht«, antwortete Kühnert gelassen. Das stammt aus dem Jahr 1947, also einer Zeit, da in Deutschland auch bei den Konservativen noch vieles denkbar war. So sprach sich die CDU damals für eine »gemeinwirtschaftliche Ordnung« aus und dafür, Großindustrien teilweise zu vergesellschaften. Wörtlich heißt es darin:
»Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein.«
Damals lag das Land in Trümmern. Politiker und Ökonomen debattierten die Frage, wie sie es wieder aufbauen könnten. Überzeugte Kapitalisten traten gegen überzeugte Kommunisten an. Am Ende gewann im Westen die soziale Marktwirtschaft und bescherte den Menschen ein Wirtschaftswunder.
Und heute? Heute wundern sich die Menschen, warum einer wie Kevin Kühnert die Vergesellschaftung der Produktionsmittel fordert. Will der nur Schlagzeilen produzieren? Lenkt er die öffentliche Aufmerksamkeit auch um den Preis einer Klatsche für die SPD bei der Europawahl auf sich? Kühnert solche Kurzsichtigkeit zu unterstellen, wäre aber geradezu naiv. Der Mann dürfte ziemlich genau wissen, was er tut.
So wundert sich der »Spiegel« auf dem Höhepunkt des Shitstorms, der gegen den Juso-chef losbrach, Kühnert klinge »nicht wie jemand, der einen Fehler gemacht, ein bisschen überdreht hat«. Von Läuterung finden die Reporter keine Spur. Ihnen gegenüber bekräftigt der Gescholtene seine Thesen sogar.
Was, wenn die Banken kippen?
So wie den Spiegel-Reportern geht es derzeit vielen Deutschen, weil sie noch nicht sehen, was Kühnert messerscharf erkannt hat. Im Deutschland des Jahres 2019 ist nämlich nicht mehr alles in bester Ordnung, wie es seine Genossen den Menschen weismachen wollen. Mitsamt der ganzen EU und den Vereinigten Staaten erlebt das Land einen gewaltigen wirtschaftlichen und sozialen Verfall. Und der kommt nicht von ungefähr.
Inzwischen verfügen sogar Entwicklungsländer über leistungsfähigeres Internet als die deutsche Provinz. Darunter leiden nicht nur die Privathaushalte, sondern auch auf schnelles Internet angewiesene Forschungseinrichtungen und der Mittelstand.
Ohne Not zerschlägt die Bundesregierung mit ihrer unausgegorenen „Energiewende“ die sichere Stromversorgung, also die Basis einer jeden Industriegesellschaft. Und der Bürger darf den viele Milliarden teuren Murks auch noch bezahlen.
Nur wovon soll er das am Ende bezahlen, wenn ihm EZB-Chef Mario Draghi mit seiner Nullzinspolitik bei Inflationsraten von inzwischen zwei Prozent das Geld auf dem Konto verbrennt? Und die Banken, die diese Konten verwalten, selbst mit dem Rücken zur Wand stehen. Denn Draghis Geldpolitik treibt auch sie in den Ruin, weil sie ihr Geschäftsmodell zerstört. Nicht nur die Deutsche Bank und die Commerzbank sind stehend K.O, auch bei vielen kleinen Banken schmilzt die Eigenkapitaldecke. In seinem Buch »Wenn schwarze Schwäne Junge kriegen« hat Markus Krall diesen Prozess anschaulich beschrieben. »Die Erosion der Erträge bringt immer mehr Banken zwischen 2018 und 2021 in die Verlustzone«, schreibt er. Über die Folgen sollte sich niemand Illusionen machen.
Der frühere Leiter des Münchener ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat einmal gesagt, »wie es den Ländern wirklich geht, sieht man nicht am Sozialprodukt, das man immer aufblähen kann, sondern an der Situation im verarbeitenden Gewerbe«. Und wie steht es heute um das verarbeitende Gewerbe? Die Produktion schrumpft seit Monaten in Folge. Im Januar ist sie gegenüber dem Vorjahresmonat um 3,3 Prozent eingebrochen, schon im Dezember war sie um 2,7 Prozent rückläufig. Da der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes ebenfalls konsequent auf Talfahrt ist, gibt es wenig Anlass zum Optimismus.
In dieser Situation wäre es schön, wenigstens auf den Welthandel hoffen zu können. Doch dessen Volumen schrumpft derzeit so schnell wie in den gesamten vergangenen zehn Jahren nicht. Früher hätten die Zentralbanken die Zinsen senken und so die Wirtschaft stimulieren können. Aber diesen Ausweg haben Draghi & Co. gründlich verbaut.
Kevin Kühnert geht short
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage: Was sollte die deutsche Wirtschaft auf diesem Weltmarkt derzeit noch verkaufen? Ihren ehemals größten Verkaufsschlager, das Diesel-Auto, will kein Mensch mehr haben. Mit den noch immer nicht abreißenden Enthüllungen beim Abgasbetrug und der politischen Androhung umfassender Fahrverbote sowie einer CO2-Steuer ist die deutsche Automobilindustrie frontal gegen die Wand gefahren. Auf die politische erzwungene E-Mobilität sind die heimischen Unternehmen technisch nicht vorbereitet. Schon jetzt bauen sie Tausende Arbeitsplätze ab, doch die größte Welle dürfte erst noch kommen.
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